GAL.2:12-16

"Bevor nämlich die von Jakobus geschickten Vertreter ankamen, pflegte Petrus nach der Sitte der nichtjüdischen Christen mit diesen zusammen zu essen; als aber die Judenchristen ankamen, zog er sich von den nichtjüdischen Christen zurück und sonderte sich von ihnen ab aus Furcht vor den Judenchristen, welche die Notwendigkeit der Beschneidung lehrten. An dieser Heuchelei beteiligten sich mit ihm auch alle andern Judenchristen, so dass selbst Barnabas sich dazu verleiten ließ, diese Heuchelei mitzumachen. Als ich nun sah, dass ihre Handlungsweise mit der rechten Lehre der christlichen Heilsbotschaft durchaus nicht in Einklang stand, richtete ich im Beisein aller folgende Worte an Kephas: "Wenn du als Jude die nichtjüdischen Gebräuche anstatt der jüdischen mitmachst, wie kannst du dann die nichtjüdischen Christen durch dein Beispiel zwingen wollen, die jüdischen Gebräuche zu beobachten. "Wohl sind wir von Geburt an Juden und nicht Sünder heidnischer Abstammung; aber wir wissen doch, dass der Mensch nicht durch Befolgung der äußern Gesetzes Vorschriften gottwohlgefällig wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus. Aus diesem Grunde haben auch wir den Glauben an Jesus Christus angenommen, um durch diesen Glauben an Christus und nicht infolge von Gesetzeswerken gottwohlgefällig zu werden. Denn auf Grund von Gesetzeswerken erlangt kein Geschöpf das Wohlgefallen Gottes."


Predigt:

Liebe Glaubensgeschwister,

diese Schilderung dürfte wohl in keinem von uns Zufriedenheit erwecken, denn eine unchristliche Handlungsweise erwarten wir am wenigsten von jemand, der Stammapostel und direkter Schüler Jesu war. Ob Jakobus, der Bruder Jesu damit einverstanden gewesen wäre, hätte er gewußt, dass die von ihm geschickten Vertreter von seinem Amtsbruder Petrus mehr Achtung und Aufmerksamkeit erhalten würden als die eigentlichen Gastgeber: die nichtjüdischen Christen? Dies zu ergründen ist uns nicht möglich; wohl aber ist uns die klare Haltung des Paulus bekannt. Doch der Reihe nach. Da ist ein Mann, der in Jesus seinen Herrn erkannte und ihm folgte, obwohl er mit seinem Fischereigeschäft, so würden wir heute sagen, eigentlich einen festen Platz auf dieser Welt hatte. Als Jünger Jesu, war er mit am vertrautesten mit Jesu Art und Lehren und wußte wohl, dass vor Gott alle Menschen gleich sind und auch wir keinen Unterschied machen sollten. Und doch bricht Petrus mit alter Sitte und teilt nicht die Tischgemeinschaft mit Christen, die nicht aus jüdischer Tradition kamen. Der Apostel zeigt sich erstaunlich konfliktscheu, denn er sonderte sich immerhin von Brüder und Schwestern ab, "aus Furcht vor den Judenchristen".

Konfliktstoff gab es genügend, zwischen Judenchristen und Heidenchristen. Dies deshalb, weil die Judenchristen nicht nur in der Frage der Beschneidung etwas störrisch und davon überzeugt waren, dass jüdisches Brauchtum und jüdische Gottbetrachtung allen Christen gut tun würden. Nun, solcherlei wurde zwar zwischen Paulus und Petrus geklärt, doch zum Zeitpunkt des heute behandelten Geschehens, wurde durchaus krasse Parteilichkeit vorgenommen.

Was, so dürfen wir uns fragen, hat denn dieser "Ausrutscher" des Petrus mit uns zu tun? Auf den ersten Blick wenig, auf den zweiten Blick viel! Denn, meine lieben Geschwister, es geht um die Geschwisterlichkeit, es geht um die Einheit im rechten Glauben, es geht um die Geschwisterliebe und darum, dass mir jeder Mensch lieb zu sein hat, denn alle sind von Gott geliebte Geschöpfe und erstrecht sollte mir, der ich Christ bin, jeder Bruder und jede Schwester gleichwert sein. Dies - und ich denke da wird mir jeder zustimmen können -ist leichter gesagt, als getan!

Schauen wir uns doch um - und das nur in unserem Land, ein typischer Teil des christlichen Abendlandes! Ist das Wort "christlich" nicht zu einem parteipolitischen Prädikat, was geschrieben steht, geworden? Sind wir wirklich alle in der Gesinnung, Brüder und Schwestern zu sein, oder machen wir nicht Unterschiede zwischen diesem und jenem, der und dieser? Gleichlieb können wir kaum alle haben; doch wie sieht es aus mit Respekt, mit Achtung und Würdigung derer, die nicht unserer Ansicht, unseres Standes sind oder gar eine andere Religionsgemeinschaft verstärken?! Lasst uns doch ehrlich sein, meine Lieben, denn Gott weiß es eh: es ist nicht sehr weit her mit der Gleichbehandlung und Toleranz.

Würde ich für jede Klage, die mir Menschen ins Ohr geben, die sich ungerecht, diskriminiert und herablassend behandelt sehen, auch nur einen Euro bekommen oder bekommen haben, käme ein erkleckliches Spendensümmchen zusammen. Dass das nicht recht ist und dem widerspricht, was unser Herr Jesus Christus uns ans Herz gelegt hat, muß ich nicht betonen. Nein, Petrus ist nicht alleine mit seinem Irrtum von Solidarität und wenn wir mit zweierlei Maß messen, werden wir im falschen Moment schweigen - aus Angst vor Repressalien. Und schon kann Unrecht gedeihen!

Es geht freilich keineswegs darum, eine verdiente Glaubensgröße wie Petrus postmortal an den Pranger zu stellen. Wer werfe den ersten Stein, darf gefragt werden.

Wenn es heißt: Irren ist menschlich, dient diese zwar wahre, aber gerade in religiösen Bezügen unbefriedigende Aussage, gerne als Ausrede auch für vermeidbare Fehler. Ganz so einfach sollten wir es uns nicht immer machen. Doch Petrus, dieser Fels, erweist sich als das, was wir alle sind: fehlbar! Nur Gott ist unfehlbar! Und GOTT, der Schöpfer, hat ihn, den Diener gemacht und Er hat uns gemacht und Gott weiß um unsere Fehlbarkeit, unsere Verführbarkeit, unsere Schwächen und keiner unserer Fehler ist Ihm unbekannt. Mit dieser Geschichte wird uns also klar gemacht, dass es keine Ausnahme gibt im menschlichen Kleid. Wir wissen aber auch von Petrus, dass er reue- und einsichtsfähig war. Darauf kommt es an, liebe Christengemeinde.

Ist Paulus, der sich ja auch als Apostel verstehen durfte, zu streng mit seinem Bruder, wenn wir von "Heuchelei" lesen? Durchaus nicht, denn was Paulus auch kritisch vermerkt und bemerkt haben mag, er handelte nur nach der auch uns anempfohlenen Devise: Unrecht nicht stehenlassen! Da widerum können wir von Paulus lernen und Paulus zeigt dem Petrus durch seine belehrenden Worte auf, dass die Teilnahme an Gebräuchen des einen, nur Probleme, Mißverständnisse und böses Blut gibt. Jesus aber hat uns aufgetragen, eine friedliche Gemeinsamkeit und harmonische Einheit zu bilden, und ich sage: dies in Christo! Also gilt es Gemeinsamkeiten zu finden. Nie sollten wir vergessen, dass nur üble Mächte daran interessiert sind, die christliche Gemeinschaft zu spalten! Wachsamkeit ist also immer dann angebracht, wenn mit zweierlei Maß gemessen und sich angemaßt wird, den einen für besser oder schlechter anzusehen oder gar zu behandeln. Dies steht keinem von uns zu, denn wir alle haben mit unserem Sündengewand zu tun und himmlische Nachsicht verdient.

Mit den hohen Liebesgeboten, trug uns Jesus Christus auf, Vorbild zu sein. Christliches Leben heißt vorbildhaftes Leben. Eine führende Kraft wie Petrus, trägt da natürlich eine besondere Verantwortung, denn ein führender, sagender Mensch gestaltet die Linie und es besteht für die Geführten Veranlassung, sich gleichsam zu verhalten. "Ich bin das Licht der Welt" sagt Jesus in Joh.8,12 und fordert auf, ihm nachzufolgen. Folgen wir also dem, der auf dieser Erde seine Fußspuren für uns gesetzt hat. Und diese Fußspuren bieten sich jedem Menschen an, sodass auch wir in sie eintreten können. Lernen wir von Petrus, wie unabsichtlich aber schnell wir andere Menschen stehen lassen, wenn wir Angst um unser Wohl haben und die Aussprache scheuen. Lernen wir von Paulus, wie notwendig Mut und Gerechtigkeit zu allen sind und dass wir nicht schweigen dürfen, wenn Unrecht um uns herum geschieht.

Ich anempfehle, meine Lieben, dass ein jeder von uns einmal überprüft, wie er mit wem umgeht und einige werden die Feststellung machen müssen, doch Unterschiede zu machen. Dies jedenfalls dürfte leichter zu korrigieren sein als das, was andere bei dieser Überprüfung feststellen werden: Nämlich Ich bevorzuge mich mehr oder weniger in allem!

Und wieder greift das Wort: "Liebe deinen Nächsten wie  dich   selbst"! Der Herr gebe uns die Kraft dazu   - in Ewigkeit, Amen.

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