1. Tim. 5:1-8
"Einen älteren Mann fahre nicht hart an, sondern sprich zu ihm, wie zu einem Vater; jüngere Leute behandle wie Brüder; ältere Frauen wie Mütter, jüngere Frauen wie Schwestern in aller Sittsamkeit. Witwen, die sonst niemand haben und wirklich bedürftig sind, lasse eine Unterstützung zukommen. Hat eine Witwe jedoch Kinder oder Enkel, so sollen letztere darauf hingewiesen werden, dass die erste religiöse Pflicht darin besteht, sich der eigenen Angehörigen anzunehmen und den Eltern und Großeltern die empfangenen Wohltaten zu vergelten; denn das ist wohlgefällig in den Augen Gottes. Eine wirklich bedürftige und alleinstehende Witwe setzt ihre Hoffnung auf den Herrn; sie verharrt Tag und Nacht in inständigem Gebet. Lebt eine Witwe dagegen in Üppigkeit, so ist sie bereits vor ihrem irdischen Tode bereits geistig tot.
So lege denn für deine Gemeindemitglieder folgende Regeln fest, damit sie kein Tadel trifft: Wer für seine Verwandten, besonders für seine eigenen Familienangehörigen, nicht sorgt, hat den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger."
Predigt (1):
Lieber Bruder, liebe Schwester im Herrn Jesus Christus!
Was für eine ungewöhnliche Lehre, die du soeben vernommen hast. Manchen von uns erscheinen die Worte des Paulus, die er an seinen treuen Helfer Timotheus wendet, wie überholt, unzeitgemäß vielleicht und irgendwie erzieherisch.
Und doch ist diese Empfehlung aus einer anderen Zeit Berechtigung und Verpflichtung gleichermaßen, uns darüber durchaus kritische Gedanken zu machen.
Der erste Rat regelt das Verhältnis, ja das Benehmen zu älteren Leuten - in unserem Beispiel der ältere Mann. Offen, ehrlich, einfach respektvoll sind unsere reifen Mitmenschen zu behandeln. Wer wie ich, mit Menschen und deren Seelenleben umgeht, schuldet jedem das rechte Verhalten, was freilich nicht immer einfach ist. Die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen verlangt sehr viel Fingerspitzengefühl und verträgt keine Plumpheiten oder Taktlosigkeiten. Einen weisen Rat aber, möchte ich an euch weitergeben, so, wie man mir einmal geraten hat: Behandle, so riet man mir, ältere Frauen wie deine Mutter, jüngere Frauen wie deine Schwester und noch jüngere wie dein eigenes Kind. Der ältere Mann ist demnach wie ein Vater, die jüngeren Männer wie Brüder zu behandeln und die kleinen Burschen wie deine Söhne.
Die heutige Lesung bestärkt uns in diesen Betrachtungen und dies aus gutem Grunde: Unsere verbindliche und anständige Art, die Beachtung der Würde eines jeden Menschen, ob jung oder alt, bewahrt uns vor verletzenden Fehlern und manchen Entgleisungen - in Wort und Tat.
Leider mangelt es in unserer Zeit manchen der Nachwuchsgeneration am nötigen Respekt im Umgang mit reiferen Menschen. Deren Lebenserfahrungen und Leistungen bleiben häufig unberücksichtigt und so fühlen sich die einen überlegen, und die anderen unterbewertet! Was wir heute gehört haben, versucht aber ein würdiges Miteinander zu gestalten. Nur so können wir die Herausforderungen des Alltags bewältigen, nur so. Gerechterweise sollte es aber so sein, dass das Verhalten und der Auftritt der älteren Generation nicht unwürdig, sondern glaubwürdig ist. Wer im Alter Würdigkeit vermissen lässt, darf sich über Missverhältnisse nicht wundern, auch das muss gesagt werden. Manchesmal mag es an uns liegen, wenn Freundlichkeit und Sympathie ausbleiben...
Unsere heutige Auslegung möchte nicht nur ein harmonisches Verhältnis unter den Generationen fördern, sondern auch die Unart der gegenseitigen Zwangserziehung, so möchte ich das nennen, vermeiden helfen.
Wenn Junge meinen, alte Menschen müssten ständig auf den Zeitgeist eingeschworen werden, und wenn ältere Menschen meinen, die Jungen wären generell von Unwissenheit geplagt, dann kann dies nur zu Missverständnissen führen. Lernwürdigkeit ist keine Altersfrage, wohl aber jeglicher Erfahrungsschatz! Wir Christen möchten den geschwisterlichen Umgang miteinander pflegen und Paulus, der kritische Apostel, hilft uns dabei. Als Glieder des geistigen Leibes Christi, sind wir reifende Früchte am Rebstock des Herrn. Im gemeinsamen Bemühen ist keine Frucht besser als die andere.
Es geht heute auch um die Unterstützung unserer Nächsten, genauer gesagt: um Beistand zu unseren Verwandten! Jegliche Bedürftigkeit sollten wir, als gute Christenmenschen, mitschultern! Es war keine schlechte Regelung, die da zu Zeiten unserer Glaubensahnen zu erfüllen waren. Witwen, also alleinstehende Frauen mitzuversorgen, nahm ihnen sicherlich die größte Sorge existentieller Not. Es sollte uns eben nicht schwer fallen, meine lieben Glaubensgeschwister, unsere Dankbarkeit für die eigene Versorgung dadurch zu beweisen, indem wir etwas abgeben.
Keiner braucht sich deshalb selber in Not zu bringen und wenn wir gerne geben, dürfen wir weiterhin auf Gottes gebende Hand vertrauen. Es schmerzt, heutzutage erwachsene, gesunde und arbeitsfähige Kinder zu erleben, die sich einen Unterhalt von ihren Eltern gerichtlich erstreiten. Ist das der richtige Weg? Auch wenn Bescheidenheit durch Habgier und Liebe durch nüchternes Kalkül ersetzt werden, werden die biblischen Ratschläge wirkungslos verhallen! Doch der lebendige Glaube lebt durch das gute Werk. Möge es doch allen ein inneres Bedürfnis sein, sozial Schwächeren, Bedürftigen - aus unserem engsten und privatesten Umfeld- Helfer zu sein. Eltern, Großeltern, armen Verwandten ein Wohltäter, eine Wohltäterin zu sein, ist in den Augen Gottes wohlgefällig!
Wenn bedürftige Menschen, die uns nahe am Herzen liegen sollten, flehentliche Worte an Gott richten, wenn sie Ihn um Errettung aus der Not bitten, dann könntest du, Bruder, du, Schwester es sein, wen Gott als Helfer oder Helferin vorgesehen hat! Hast du den Ruf gehört?, erkennst du die Zeichen, gebraucht zu werden? Siehst du die Chance, gut vor Gott dastehen zu können? Nutzen wir die Gelegenheit - j e d e Gelegenheit, uns in der Achtung vor dem Nächsten zu beweisen.
Ich denke, jeder von uns kann ein Lächeln Gottes gut gebrauchen.
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, das ist der Auftrag für heute und ist der Auftrag für immer. Gehen wir also mit den Gefühlen anderer sensibel um und beschämen wir nicht die Unterversorgten dadurch, dass wir sie in ihren Sorgen und Nöten ignorieren. Ich habe einmal gelernt: Hilfst du anderen, hilfst du dir selbst am meisten. Also wollen wir gut und würdig miteinander umgehen, denn selbst was wir den Geringsten getan haben, haben wir Christus getan, denn er ist mit allen in gleicher Liebe.
Lasst uns seine Jünger sein und tun, was er uns geheißen.
Amen.
Predigt (2):
Gelobt sei Jesus Christus.
Als Christ sehe ich in jedem Menschen einen Bruder oder eine Schwester und es darf keine Rolle spielen, ob dieser Mensch lieb ist zu mir oder nicht oder ob er mir sympathisch ist oder nicht. Die verschiedensten Menschen kreuzen unseren Weg, sind uns schicksalhaft verbunden oder uns sogar zur Seite gegeben. Manche erleben wir nur für einen Augenblick, manche durchleben ganze Geschichten mit uns und manche gehen lange Zeit mit uns.
Wir bauen zwischenmenschliche Beziehungen auf und insgesamt bemühen wir uns um ein gutes, friedliches Miteinander - oder wenigstens um ein erträgliches Nebeneinander.
Paulus, der Apostel, gibt der Allgemeinheit Konturen; er schaut genauer hin und teilt sie auf: in alt und jung, in männlich und weiblich, in Verwandte. Er legt seine klaren Vorstellungen offen und geht deshalb für uns ins Detail, damit wir unser Verhalten wiederum nicht unbedacht streuen, sondern damit wir genau zumessen, wer welches Verhalten von uns verdient hat.
Es ist eben nicht damit getan, liebe Gemeinde, einfach nur miteinander auszukommen, sich irgendwie zu arrangieren und zu wollen, selber einfach nur in Ruhe gelassen zu werden. Nein, die Vorstellungen des Apostels nehmen besonders jene in die Pflicht - damals wie heute - die Familie haben. Doch auch darüber hinaus sagt er uns, wie unsere Art - Christenart - zu sein hat. Er lehrt uns das christliche Verhaltensbild, damit wir uns richtig, Gott wohlgefällig und dem anderen nützlich verhalten.
Schauen wir uns also an, wie wir uns angenehm und annehmbar gestalten können.
Leider leben wir in einer Zeit, in der zu evangelisieren mehr als angebracht scheint. Wie wenig jüngere Menschen den älteren Respekt zollen, ist auffällig und manchmal schmerzt es erleben zu müssen, wie wenig Achtung Menschen gegenüber aufgebracht wird, die doch eine beachtliche Lebensleistung vorzuweisen haben. Sind Respekt, Anerkennung und Achtung, bis hin zur Ehrerbietung nur noch schale Begriffe?
Anstand, liebe Brüder und Schwestern, Anstand hat seine Wurzeln im Elternhaus! Die Würdigung der Eltern ist eine Voraussetzung, die zu erfüllen keinem Nachkömmling schwerfallen sollte. Sollte! Also sprechen wir zu einem älterem Mann wie zu einem Vater und zu einer älteren Frau wie zu einer verdienten Mutter.
Was allerdings in zunehmendem Maße zu beobachten ist, ist das würdelose Verhalten von Leuten, denen man aufgrund ihres Alters eigentlich eine größere Reife zutraut. Dann freilich ist es schwer für die Jugend, Respekt vor solchen Senioren zu haben.
Wir alle wissen: Der Ton macht die Musik. Das Verhältnis unter Menschen leidet zum einen am falschen Ton. Wie etwas gesagt wird, ist sehr entscheiden! für die Glaubwürdigkeit der Aussagen. Zum anderen ist immer wieder zu erleben, dass junge, lernwürdige aber etwas besserwisserische junge Leute versuchen, der alten, erfahrenen Generation zu erklären, wie man das Rad macht. Was gesagt wird, ist von größter Bedeutung für das Auskommen miteinander.
Gott möchte Einigkeit unter den Menschen und nichts ist gefährlicher geeignet Uneinigkeit aufkommen zu lassen, als das, was über die Zunge kommt! Der Bruder reize nicht den Bruder, sondern bilde mit ihm eine starke Einheit. Die junge Frau sollte nichts anderes von uns kennenlernen, als in Wort und Tat "in aller Sittsamkeit" behandelt zu werden.
Witwen waren zur Zeit Paulus' beinahe immer unterstützungsbedürftig. Die Familie hatte für sie da zu sein, konnte eine gute Gesinnung an ihr tagtäglich verwirklichen. Der beste Garant sozialen Handelns, sollte im Christsein liegen; das war was damals gelehrt wurde und das ist, was nach wie vor gottgefällig ist. Jemandem Wohltaten zu erweisen, ist ein zeitloser Anspruch, denn er gründet auf die Qualität einer Selbstlosigkeit und Nächstenliebe, die keinem Zeitgeist unterliegt, sondern immergültig ist.
Keiner von uns sollte darauf warten, dass andere das gute Werk verrichten und dem Nächsten eine Hilfe sind. Wir alle sind in unserem Lebenskreis gefordert. Ich bin gefordert in dem, was ich an Erfordernissen, Bedürfnissen und Not erkennen kann. Du lieber Christenmensch, bist nach deinen Erkenntnissen und Möglichkeiten gefordert. Wir alle sind es unserem Gewissen schuldig! Das ist das rechte Christsein und dafür steht der Gottesdiener ein.
Es steht wohlgemerkt ohne Wenn und Aber geschrieben, dass wir unseren Eltern und Großeltern empfangene Wohltaten vergelten sollen. Nicht aufrechnen sollen und wollen wir, liebe Mitchristen - rechnet denn Gott auf?
Hat Jesus Christus einen Schuldschein an dich ausgestellt, als er sich zu unserer Erlösung ans Kreuz nageln ließ? Liebe klagt nicht, Liebe fordert nicht, Liebe ist ein freundliches Geschenk. Wir können zu solch einem Geschenk werden, zu einer Wohltat, eine lebendige Freude, die unsere Gesichtszüge trägt.
Eltern können zehn Kinder ernähren, sie großziehen, heißt es. Doch zehn Kinder schafften es nicht, für ihre Eltern aufzukommen. Kinder, meine Lieben, sollten ihren Eltern nicht geben was übrig ist von dem, was sie nicht brauchen, sondern sollten für ihre Eltern etwas übrig von dem haben, was sie selber einmal ersehnen werden: eine liebevolle Art, Freundlichkeit, Sanftheit, Verständnis, Geduld und Achtung. Ist es doch nicht nur das gleiche Blut, was verbindet, sondern Gott hat die Familie, hat die Konstellation so eingerichtet, wie es dem Geiste dient. Also geben wir Gott die Ehre, indem wir Vater und Mutter ehren. Dem Höchsten ist es wichtig genug dass wir dies tun; hätte Er sonst dieser Pflicht ein eigenes Gebot von zehn eingerichtet?
Jede Liebe, jede liebevolle Beziehung ist ein eigenes Geheimnis und in seiner Eigenheit unersetzlich: Dies betrifft die Elternliebe, die Liebe der Kinder zu den Eltern, die Geschwisterliebe, Liebe und Wohlsinn zu Verwandten.
Gehe hin und gebe dich freundlich - ohne Ansprüche, ohne große Worte, ohne Erwartung. Wer weiß, vielleicht hast du damit ein Gebet deines Gegenübers erfüllt - ohne es zu wissen. Etwa weil dieser Mensch sich einsam fühlte und mit Worten eines Gebets seine Hoffnung auf den Herrn gesetzt hat. Nun kamst oder kommst du und schenkst Aufmerksamkeit, öffnest Hände und Herz und deine Worte sind eine Freude. Dann hast du deinen Glauben, unseren schönen Glauben nicht verleugnet, dann hast du die Liebe zum Nächsten, wie Jesus sie verstand, bekundet. Jetzt bist du Vorbild unter Menschen, die dir besonders am Herzen liegen: deine Familie.
Ein Segen sollst du sein.