Joh. 6:63-71

"Der Geist ist es ja, der das geistige Leben wirkt; das irdische Fleisch hat keinerlei Wert. Die Worte, die ich zu euch gesprochen  habe, beziehen sich auf  den Geist  und das geistige Leben. Doch gibt es manche unter euch, die keinen Glauben haben." Jesus wußte nämlich von vornherein, wer ungläubig bleiben und auch, wer sein Verräter sein würde. Er fügte hinzu: "Darum habe ich euch gesagt, daß niemand in Gemeinschaft mit mir zu treten vermag, wenn ihm nicht dieses Gnadengeschenk von meinem Vater zuteil geworden ist." Von dieser Stunde an zogen sich viele von seinen Jüngern von ihm  zurück  und  begleiteten ihn  nicht mehr  auf seinen Wanderungen. Nun wandte sich Jesus an die Zwölf mit der Frage: "Wollt auch ihr mich verlassen?" "Meister!" - erwiderte Simon Petrus - "zu wem sollten wir gehen? Nur du bist im Besitz der Lehren, die uns zu dem künftigen geistigen Leben führen. Darum haben wir auch den Glauben und die Überzeugung gewonnen, daß du der Heilige Gottes bist." Darauf gab ihnen Jesus zur Antwort:  "Nicht ich habe euch Zwölf für mich ausgewählt, und doch ist einer von euch ein Teufel." Damit meinte er den Judas, den Sohn des Simon aus Kariot. Denn dieser  sollte  ihn später verraten.  Er gehörte  zu  den Zwölfen."

 


Predigt:

Ja, der Geist wirkt das geistige Leben, denn was niemals in die Seligkeit eingehen kann, ist das Fleisch! Was Jesus Christus uns zu geben hat, dient dem Geist! Hin zu Gott, heißt hin zum Geist! Wenn denn das Fleisch einen Wert besitzen soll, dann den, dass uns der Leib als Gefäß gegeben ist. Gefäß wofür? Die Schrift beantwortet uns dies und spricht von einem "Gefäß des Erbarmens". Tatsächlich sind wir mit Leib und Leben auf das Erbarmen Gottes angewiesen. Tatsächlich können wir mit unserem Leib Gutes tun, aber auch das Schlechte.
Das Fleisch hat also dann einen Wert, wenn wir es zur Reifung 'unseres Geistes einsetzen. Das, meine liebe Gemeinde, ist mehr als eine Möglichkeit, es ist sogar unser Lebenszweck! Es geht also um den Geist, um sein wohl, um seine Bedeutung! Jesus bestätigt das: "Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, beziehen sich auf den Geist und das geistige Leben." Dennoch ist es doch so, dass die meisten Menschen ihr Hauptaugenmerk auf das Fleisch, auf das Irdisch-körperliche und damit auf das Vergängliche richten. Das Sein als Mensch berechtigt uns freilich zu dieser Wertung und gibt unsere Zuwendung zum Körperlichen selbstverständliche Berechtigung. Du,  lieber Mensch,  musst demnach weder selbstverachtend, noch nachlässig, noch unbedingt asketisch mit dir umgehen. Schließlich ist auch das Fleisch etwas Gottgegebenes und wir haben Sorgfaltspflicht dafür. Dennoch investieren wir in der Regel weit, weit mehr in körperliche Bedürfnisse und geben nicht selten  gewissen körperlichen Wünschen zu schnell  oder  sogar  mit schlechtem Gewissen nach.
Dies, meine Lieben, kann nicht gut sein!
Aus Gesprächen, die sich mit der Bedeutung unserer irdischen und geistigen Seiten befassen, höre ich immer wieder die Klage:  'Ich vergesse leider zu häufig die geistige Seite meines Seins!' Ich verstehe. Der Alltag wirft uns handfeste und recht diesseitige Situationen, Probleme und Herausforderungen um die Ohren. Da bleibt kaum Zeit nachzudenken, kaum Raum, in sich zu gehen, sich zu besinnen und etwas für den Geist zu tun. Später erst, vielleicht abends dann, wenn wir den Tag Revue passieren lassen, wenn wir in einer Andacht oder Andächtigkeit sind, wenn uns der Ruf Gottes endlich unser inneres Ohr erreicht, dann könnte uns das Missverhältnis auffallen, was die Pflegen des Geistes und des Leiblichen Betrifft. Ja dann!
Wie wäre es, liebe Glaubensgeschwister, wenn wir aus der Not eine Tugend machten? Mein Vorschlag ist, immer dann an die Versorgung des Geistes zu denken, wenn wir gerade wieder einmal unseren Körper versorgen. Seht, wir vergessen ja auch selten die Mahlzeiten einzunehmen und halten die Körperpflege ebenfalls für selbstverständlich.
Immer wenn du dich dem widmest, denkst du in Zukunft auch an die Versorgung deines Geistes. Dies, meine Lieben, kann gelingen! So, wie wir zwischen dem Tagwerk kleine Pausen einlegen um uns körperliche Versorgung und Ruhe zu gönnen,  legen wir dann ab heute gleichzeitig eine kleine Denkpause ein und bedanken uns bei Gott für das, was an diesem Tag bisher geleistet werden konnte. "Herr, segne meine Arbeit, lass sich alles zum Guten auswirken" bete ich dann kurz.' Wenige Sekunden nur dauert diese kleine, stille Einkehr; weiß ich doch, dass nur wohlgetan ist, was mit Gott getan ist! Und was dem Körper die Ruhe ist, ist für den Geist der Friede: eine Wohltat! Seht ihr, wer auf seine seelische Hygiene   - so möchte ich das nennen - achtet, steht gleichzeitig in einem recht gesunden Glauben und gehört nicht zu denen, die Jesus kritisiert keinen Glauben zu haben.
Was ist das für ein Gnadengeschenk, dieses von Gott gegebene Gnadengeschenk, von dem der Gottessohn spricht? Es ist der Glaube!
Aber was ist Glaube? Immer wieder höre ich die Frage: "Was ist Glaube?" Glaube, so höre ich die einen sagen, Glaube ist deine Religion. Mag sein. Aber Jesus fragte viele derer, die er zu heilen gedachte: "Glaubst du an mich?" - Wiederholen wir seine Frage noch genauer: "Glaubst du an mich?" Aha. An ihn sollst du glauben, an den Erlöser, an deinen König, an den Träger der Wahrheit, an den, der als Fundament seiner Lehre die Liebe verkündete: Liebe Gott über allem und liebe den Nächsten wie dich selbst!.
Das ist Glaube.
Für die etwas Komplizierteren unter uns hätte ich auch eine Definition: Glaube ist das feste Vertrauen in eine Lehre, ohne das Endergebnis der gelebten Lehre bereits praktisch erfahren zu haben...
Ihr seht, es geht auch etwas komplizierter und je mehr wir darüber nachdenken, desto bewußter wird uns, welches Gnadengeschenk es ist, einfach glauben zu können. Das Gnadengeschenk kommt von Gott, d.h., die Zuteilung ist Chefsache! Wer also erklärt: "Ich glaube nicht", sagt in Wahrheit: Ich bin nicht bereit für das Gottesgeschenk.
Als Jesus seine Anhänger wissen ließ,  dass   manche unter ihnen keinen Glauben hätten, zogen sich viele von ihnen von ihm zurück.
Wahrlich, wer sich der Begleitung Christi entwindet, verlässt den besten aller Wege und enttäuscht zwar andere, sich selber aber schädigt ein solch Abtrünniger.
Der Grund für die Abwendung einiger Jünger, war ihr Beleidigtsein. Sie waren beleidigt, weil sie doch alle fest davon überzeugt waren, gläubig zu sein. Sind auch wir fest von unserer Gläubigkeit überzeugt? Dann sollte es niemand und nichts gelingen, uns zur Abkehr von Christus bewegen zu können; erstrecht nicht seine eigenen Worte, seine eigene Lehre. Nie sollte uns Jesus Christus fragen müssen: "Willst auch du mich verlassen?"
Er, Christus, ist der Heilige Gottes. Simon Petrus hat es erkannt. Mehr noch, e r hat in seinem Herrn den Weg, der "zum künftigen geistigen Leben führt" erkannt. Von Überzeugung ist die Rede! Darum prüfe sich ein jeder auf seine Überzeugung, denn daran werden wir einst gemessen werden, glaubt mir. GOTT ist es lieber, jemand überprüft seine Überzeugung, weil etwas unstimmig in ihm ist und ihn hadern lässt, als dass Er sehen muß, wie jemand nur aus Gewohnheit seinen Platz nicht verlässt und längst im Glauben erstarrt ist. Nein, die Lauen mag der Herr nicht  - ihr wißt es.
So, wie es dem "Judas, den Sohn des Simon aus Kariot" jederzeit möglich gewesen wäre, aus seiner Verräterrolle auszusteigen, so ist auch uns der Wille gegeben, uns für den Himmel oder den Untergang zu entscheiden. Das gilt es zu begreifen: Jeder von uns hat den freien Willen und kann ihn für oder gegen die Läuterung und damit für die Qualität seines Geistes einsetzen. Und damit schließen wir die heutige Lesung mit dem ersten Satz, den wir zu hören bekamen: "Der Geist ist es ja, der das geistige Leben wirkt."
Gelobt sei Jesus Christus.

 

Additional information